Es war tiefste Nacht, als die mysteriösen Ereignisse ihren Verlauf nahmen.
Die düsteren Nebelschwaden waberten zwischen den angrenzenden Bäumen und dem Schilfgürtel neben dem Schollengraben. Hin und wieder schien der blasse Mond hinter den Wolken hervor. Man hörte keinen Mucks. Es lag eine unheilvolle Totenstille über dem Schollenriet. Nur wenn der Mond für kurze Zeit zu sehen war, hörte man stets die markdurchdringen Schreie einer Nebeleule.
Wie durch Geisterhand zogen sich die düsteren Schwaden urplötzlich zurück und es schien als sammelten sie sich mitten auf einem Feld zu einem mitternächtlichen Treffen. Mitten auf jenem Schollenfeld, welches von knorrigen Trauerweiden umzäunt war, pulsierte ein loderndes Leuchten und rundherum schien der Nebel wild zu tanzen. Zuerst vernahm man nur ein leises Summen, aber langsam wurde das tiefe Grollen immer lauter. Die zuckenden Nebel wurden von dem heller werdenden Leuchten regelrecht angezogen, und es schien, als ob das lebendig wirkende Flackern die Nebelfetzen verschlingen würde. Der Nebel fing an, sich um das mysteriöse Licht zu drehen. Gleich einem Sog eines Wirbelsturms, welcher nun mit einem ohrenbetäubenden Grollen den ganzen Nebel in den modrigen Torfboden hineinzog.
Plötzlich, wie aus dem Nichts, war das unwirkliche Treiben mit einem dumpfen Knall vorbei. An jener Stelle, wo vorhin noch das Leuchten grell blitzte, stieg jetzt nur noch ein kleiner Rauch aus dem Schollenboden empor. Der Mond, welcher jetzt wieder vom klaren Nachthimmel schien, leuchtete die düstere Szenerie mit seinem weissen Licht aus. Im Schollenriet war es augenblicklich Still geworden. Kein Windhauch und keine Nebeleule waren jetzt noch zu hören.
Der Nebel war besiegt und wieder in die Tiefe des feuchten Torfbodens gezwungen worden.
Nach einer endlos zu scheinenden Minute voller herzzerreissender Stille, traten SIE nun am Rand des Feldes in Erscheinung. Es waren deren an die Zwanzig, welche jetzt innerhalb der von Trauerweiden umsäumten Schollenwiese aus den modrigen Tiefen des Riets an die Oberfläche traten.
DIE RIETTUEFEL TRIBER hatten die Nebelgeister wieder einmal mehr besiegen können. Dies war nicht immer der Fall gewesen. Die erbitterten Schlachten, in den dunklen Tiefen des Schollenriets, hatten in der Vergangenheit auch bei den Riettüfel Triber ihre Verluste gefordert. Einst waren sie mehrere tausend Krieger, unterhalb der Moore, in der alten Welt. Die Riettüfel Triber aus dem Schollenriet jedoch sind und waren seit jeher die siegreichsten im Kampf gegen die heimtückischen Nebelgeister.
An jenem Ort, wo zuvor der Nebel in den Torfboden verbannt wurde, traten die Riettüfel Triber nun an jene rauchende Stelle. Sie hielten ihre, mit den Hörnern der Ahnen besetzten, Holzstäbe hoch über Ihren vernarbten Schädeln zusammen. Mit uraltem Gemurmel beschworen sie das mächtige Feuer hervor, welches die Nebelöffnung im Schollenboden versiegeln soll. Sodass die Nebelgeister wieder für lange Zeit nicht mehr an die Oberfläche des Schollenriet gelangen können.
Es entstand ein acht Meter hoher Feuerwirbel. Damit überragte die wirbelnde Feuersäule die riesenhaften Riettüfel Triber um fünf Meter. Sie bändigten mit ihren Holzstäben und den aufgepflanzten Hörnern die lodernde Glut. Sie befahlen ihrem Helfer, dem mächtigen Feuer, die Nebelgeister im Schollenriet einzuschliessen und tief unter die Torferde zu treiben. Stück für Stück wurde der Feuertornado kleiner und frass sich seinen Weg in die modrige Tiefe des Riets.
Zurück blieb nur ein dunkler und verbrannter Schacht, der wie ein Höllenschlund aus dem noch glühenden Torfboden klaffte.
Die Riettüfel Triber stiessen ein fürchterliches Grollen aus ihren rauchigen Kehlen und stampften mit Ihren scharfen Klauen und fellbesetzten Hufen auf den dumpfen Moorboden. Einer nach dem Anderen sprang in den Schlund und war augenblicklich in dem düsteren Erdloch nicht mehr zu sehen.
In den nächsten Monaten werden die Riettüfel Triber bemüht sein die Nebelgeister, tief unten im Schollenriet, gefangen zu halten. Mit der Hilfe ihrer Verbündeten, den lodernden Feuer, werden sie dem Nebel Einhalt gebieten. Die siegreichen Riettüfel Triber werden die Nebel jedoch nicht ewig in der tiefen Gruft gefangen halten können. Die stürmischen Mächte der Nebelgeister werden in den kommenden Raunächten wieder mit neuen Kräften erwachen.
Der ewige Kampf um die Herrschaft im Reich der düsteren Moore wird nie enden. Und SIE, die Regenten über und unter dem Schollenriet, DIE RIETTUEFEL TRIBER, Sie werden keiner Schlacht aus dem Weg gehen. Mutig werden SIE wieder zusammenstehen und sich jedem noch so erbitterten Kampf stellen.
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